Bereits Anfang April erhoben Fischer aus Zentralvietnam und die vietnamesische Fischereibehörde Vorwürfe gegen die Industriezone Vung Ang. Sie verdächtigten die dort ansässigen Unternehmen, Gift ins Meer geleitet zu haben, dem nun Fische zum Opfer gefallen seien.
Vung Ang ist ein prestigeträchtiges Wirtschaftsprojekt der vietnamesischen Regierung mit einem Investitionsvolumen von mehr als neun Milliarden Euro. Unter anderem sollen dort ein Stahlwerk, ein Tiefseehafen, Fertigungsstätten für Elektronikprodukte und ein Kohlekraftwerk entstehen. Die meisten Anlagen befinden sich zwar noch im Bau, aber die Fertigstellung steht unmittelbar bevor. Das Stahlwerk der "Formosa Ha Tinh Steel Company (FHS)" hatte im letzten Dezember den Testbetrieb aufgenommen.
Unter Verdacht: Die Industriezone Vung Ang
Langsame Reaktion
Trotz der Vorwürfe reagierte das Ministerium für Ressourcen und Umwelt in Hanoi erst spät. Vor wenigen Tagen seien Untersuchungsteams in die Region geschickt worden, um das Massensterben der Fische zu untersuchen, heißt es.
Der Viezeminister des Umweltministeriums stellte nach Sichtung erster Berichte auf einer Pressekonferenz fest, dass für das Massensterben ein "starkes biologisches oder chemisches Gift" verantwortlich sein müsse.
Im Umfeld der Untersuchungen war außerdem bekannt geworden, dass das Stahlwerk FHS sein Abwassersystem mit toxischen Chemikalien gereinigt haben soll. Diese werden ein Kilometer vor der Küste ins Meer abgeleitet. Noch sei noch unklar, was genau und über welchen Zeitraum abgelassen worden sei, so das Umweltministerium.
Das Unternehmen bestreitet jede Verantwortung für das Massensterben und verwies darauf, dass das Abwasserreinigungssystem den gesetzlichen Umweltauflagen Vietnams entspreche.
Über 200 Kilometer Küste sind vom Fischsterben betroffen. Viele Fischer fürchten um ihren Broterwerb
Aufschrei in den Sozialen Medien
In den sozialen Medien sorgte ein Mitarbeiter des Stahlkochers für Empörung. Chu Xuan Pham, sagte, man könne kein Stahlwerk bauen, ohne dass das Auswirkungen auf das Meeresleben in der Region habe. "Du musst dich entscheiden: Willst du Meeresfrüchte oder willst du Stahl."
Empörte Vietnamesen schossen daraufhin Selfies mit Postern, auf denen stand: "Ich wähle Fisch." Unter dem Hashtag #toichonca ("Ich wähle Fisch") machen die Menschen ihrem Unmut über das Stahlwerk und die ihrer Ansicht nach viel zu langsame Reaktion der Regierung Luft.
Auf einer Pressekonferenz versucht der Vize-Umweltminister Vo Tuan Nhan die vielen Fragen zu beantworten
Ursache weiterhin unklar
Darauf hin stellte das Stahlwerk FHS klar, dass Chu Xuan Pham nicht für das ganze Unternehmen spreche. Der Vizedirektor von FHS, Truong Phuc Ninh, wies die Vorwürfe insgesamt zurück. Der taiwanesische Mutterkonzern habe umgerechnet fast 40 Millionen Euro in ein modernes Abwassermanagement investiert. "Alles Wasser, das wir entsorgen, entspricht vietnamesischen Standards", so Truong Phuc Ninh.
Obwohl bisher öffentlich noch keine Ursachen genannt wurden, hat die vietnamesische Regierung das Stahlwerk FHS nun angewiesen, die umstrittene Abwasserleitung freizulegen. Danach solle diese genau geprüft werden. Zugleich verbietet die Regierung den Handel von Fisch und Meeresfrüchten in den vier betroffenen Provinzen. Verstöße gegen Umweltauflagen würden hart bestraft.